Jene Nacht
Weißt du noch, jene Nacht im August? Jene Nacht, eine von vielen im Jahr, in der du, wenn du könntest, lieber im Kühlschrank schlafen würdest, oder in einer Badewanne voll mit kaltem Wasser. Alles andere wäre besser als in dein Bett zu gehen.
Es ist schon spät und sie liegt schon im Bett. Es ist Zeit, denkst du, ihr zu folgen.
Du kommst ins Zimmer und in der Dämmerung kannst du sie sehen, schlafend, nackt, und wunderst dich - nicht zum ersten Mal - warum sie nicht so schwitzt wie du. Sie ist eine Frau, zart und zerbrechlich, wobei sie nicht mal so aussehen muß, denn Frauen sind nun mal so. Du bist ihr Mann, stark und schwitzend. Jede deiner Poren lechzt nach Erfrischung.
Also, zurück ins Bad, ab unter die Dusche. Dabei weißt du genau, nach dem Abtrocknen fühlst du dich ein paar Minuten frisch, doch kaum betrittst du das Schlafzimmer, hat diese Schwüle dich wieder. Was sein muß, muß sein! Was soll's!
Es gibt nichts Schöneres für dich, als ins Bett zu kriechen, die kalte Wäsche am Körper zu fühlen und dich so sanft wie nur möglich durch irgendetwas Berauschendes in den Schlaf befördern zu lassen.
Aber in jenen Nächten ist es anders! Schrecklich! Ja, da liegst du nun! Neben dir dein Frauchen schläft. Ab und zu bewegt sie sich, kommt dir näher, wendet sich ab, gibt manchmal unverständliche Laute von sich. Sicher, sie träumt mal wieder.
Dann seufzt sie, schlägt ihren Arm um dich. - Ja fein, es ist dir noch nicht warm genug! - Dann ein Bein, ihr schlankes. Aber so schön es auch ist, du greifst danach und runter damit. Sei nicht böse, denkst du, aber... Nein!
Minuten vergehen.
Du kämpfst mit der Decke und das Laken wickelt sich mal wieder um deine Beine. Zum Ausrasten ist das! Und da sind sie wieder, deine Mücken, die um dich herumschwirren, nur dich zu kennen scheinen. Gott, bleibt bloß wo ihr seid, verschont mich bitte... , aber sie ärgern dich. Bleibt an der Lampe hängen, an der Wand der Decke, aber bitte nicht bei mir. Welch ekliger Gedanke, wenn sich eine auf dir niederläßt, du zuschlägst und ihr zerquetschter, klebriger und kleiner Rest an deinem verschwitzten Körper haften bleibt. Aber es hilft nichts, mit den Armen in der Luft herumzufuchteln.
Sie sind kleiner und schneller und ihr Summen klingt für dich schon ohrenbetäubend.
Plötzlich hältst du inne, denn neben dir dein Frauchen bewegt sich wieder. Schon wieder ist sie so nah! Schon wieder legt sie ihr Bein um deinen Bauch. - Sicher wiegt es heute eine Tonne. - Noch näher kann es schon nicht mehr gehen, denn jetzt liegt ihr Kopf neben deinem, so dicht, daß ihr Atem über dein Gesicht fährt. Ach, denkst du, komm her mein Kleines, und dein Arm schiebt sich unter ihren Kopf.
Was macht sie da mit ihrem Bein? Und das andere? Ist sie wach, schläft sie, träumt sie, oder was? Irgendetwas wird sie sein, denn sie reibt sich an dir, langsam und genußvoll.
Aber du magst dich jetzt nicht bewegen, bleibst ganz ruhig liegen und wartest erstmal ab.
Es ist nicht dein Schweiß dort an deinem Bauch, an deinem Bein, zwischen ihren Beinen. Sie ist es, die dich mit ihrer Lust berührt. Leise, kaum hörbar stöhnt sie, rekelt und streckt sich.
Dann ist es wieder ruhig. Endlich, denkst du. Oder nicht?
Irgendwann, du hast noch immer nicht den Schlaf gefunden, da küßt sie dich am Ohr und beginnt wieder, sich zu bewegen. So wie vorhin, nur etwas mehr, etwas erregter scheint sie dir zu sein.
Und mitten in der Schwüle der Nacht fängst du an, zu genießen und zu spüren, wie sie träumt und mit dir schläft.
Wie lange das so geht, du weißt es nicht. Immer wieder ist sie dir so nah, bewegt sich an dir, reibt sich an deiner Haut, die nach Eis schreit. Immer wieder diese Ruhe zwischendurch, bis sie wieder anfängt, ihre Haut an dir zu laben, zu seufzen. Hm,...
Mitten in der Nacht, du schlummerst schon fast, als sie laut aufstöhnt und sie ihre Beine fest um dich schlingt. Wie eine Zange scheint sie dich zu fassen und ihre Finger graben sich tief in deinen Hals, deinen Arm, in alles was sie zu greifen bekommt. Das Herz in ihrer Brust, genau neben dir, schlägt wie verrückt. Es kommt dir vor, als könntest du hören, wie es schlägt, wild und... Ah,...
Sie bäumt sich auf, keucht und... und Schweiß steht auf ihrer Stirn... ein leiser Aufschrei,... lautes Stöhnen.
Wer kann da noch von Schlaf reden?
Zwei verschwitze Leiber liegen im Bett. Das Pochen ist vorüber und die Mücken schlafen. Durch das offene Fenster dringt kühler Wind herein. So ist das, wenn der Regen kommt.
© by V.S. April 2000