Wie tief es geht
Was ist es denn, was ich wirklich will?
Demut und Hingabe im Gleichklang mit Lust und Leidenschaft?
Nur noch das Sein sein?
Aus einem wohltuenden Rieseln ergießt sich ein Strom ungeahnter Gefühle. Der neue Pfad, das Neue, Ungewohnte. Intensität mit Macht und Kraft. Offenheit, die frei und so verletzlich macht. Nicht mehr allein sein mit den vielen Gedanken und Träumen. Teilen was unausgesprochen ist, erleben was
die Augen so zart zum Leuchten bringt. Euphorie und Zufriedenheit. Endlich sein, Sein sein.Jeder Tag ist neu, plötzlich das Besondere. Nein, ganz besonders! "Bitte, lass mich alles für dich tun" Wieder und wieder. Saat wird gesät, keimt und geht auf. Es wird an Rädern gedreht, die sich zuvor nie gedreht haben, Ecken werden mit Licht erhellt, in denen es schöner ist, sich einsam und alleine zu verkriechen.
Jedes Wort wird wichtig, alles wird vertilgt, verinnerlicht, Tränen fließen. Welch Euphorie! Welch Leben! Eine Minute am Tag, stundelang, den ganzen Tag, die ganze Woche. Immer und überall. Bin Sklavin. Sein. Eigentum. Plötzlich steht alles still. Ich bin alleine mit mir. Das Licht wirft seine Schatten nicht mehr, mein eigenes Echo erschlägt mich. Ich freier Mensch bin wieder frei!
Von einer Sekunde zur anderen ändert sich meine Position, beuge mich ein letztes Mal und bleibe zurück. Allein. Ich bin nicht mehr Sklavin meines Herrn, des alleinigen - bin ich noch Sklavin? - bin nicht mehr sein willenloses Eigentum, sein rechtloses.
Plötzlich, von der einen Sekunde zur anderen. …werde nicht mehr vor ihm auf dem Boden knien, werde ihn nie wieder hören, wie er dann zu mir spricht, werde nicht mehr von ihm verziert, bemalt, geschlagen, erzogen, gezeigt und in den Arm genommen, geküsst, benutzt und gefickt, kann seine Füße nicht mehr in meinen Händen fühlen, halten und massieren, nehme nicht mehr die Klammern und den Plug zur Hand, pflege seine Schuhe und Hose nicht mehr so liebevoll, keine Grüße am Morgen, am Abend oder zur Arbeit, keine Briefe am Wochenende mehr, keine Gespräche, kein Lachen, schreibe meine Gedanken nicht in dieses kleine Buch, nichts wird er mehr lesen, werde nicht mehr über die Anzahl von Schlägen sinnieren, werde ihn nicht mehr bitten, ob und was ich mir kaufen darf, ob ich ausgehen und wen ich treffen darf, werde nachts ohne Fesseln zu Bett gehen, trage immer und überall meine BH's und all die anderen Dinge aus meinem Schrank, werde nicht mehr…
Keine Trennung habe ich je so schmerzvoll empfunden wie diese. Erst intensiv geführt, konditioniert von dominanter Hand, jetzt zurückgelassen mit Gefühlen, "Verhaltensmustern" und Bedürfnissen, die eingebrannt in meinem Hirn fest verankert sind und nun ihren Weg nicht mehr nach draußen finden.
Doch schlimmer sind jeden Tag diese Überlegungen, was passiert ist, die Angst, alles könnte eines Tages wieder von Neuem beginnen und die Frage
nach dem Warum, auf die ich nie eine Antwort bekommen werde, um endlich meinen Frieden schließen zu können. Mit ihm.
© by V.S. Mai 2003