Verkauft (Auszug)
I
Heute muss ich mich heute tief verbeugen. Sehr tief.
Meine Stirn und meine Hände berühren den Boden und ich wage mich kaum, zu atmen.
Beim Betreten des Raumes sah ich, dass viele Herren anwesend sind.
Ich spüre ihre Blicke.
Sie musterten mich beim Kommen und beobachteten genau, wie ich zu Boden ging.
Ich verbeugte mich tief.
Jede Sekunde mehr, die ich hier nun demütig verharre, steigert sich in mir die Angst vor dem Unbekannten. Was soll mir schon passieren? Noch mehr Strafen wegen irgendwelcher Verfehlungen, Ungehorsam?
Mir scheint es in den vergangenen Tagen, als wäre alleine die Tatsache meiner Existenz ein Grund für die Herren, nach dem Rohrstock zu greifen und mich ausgiebig zu züchtigen. Sie demütigen mich auch damit, mich immer und überall auf alles warten zu lassen. Jeden Abend harre ich vor meiner Liege Ewigkeiten aus, um endlich zu Bett gehen zu dürfen. Vor dem Essen habe ich stets die Erlaubnis einzuholen, essen zu dürfen und mir ist es mittlerweile schon egal, ob ich dabei am Tisch Platz nehmen darf oder wieder am Boden hocken muss. Ich erdulde, ertrage und harre aus.
Es scheint ein Ziel oder einen Sinn für all das zu geben. Ein Ziel ohne Namen und Bedeutung.
Jeden Tag muss ich erleben, wie nur ich unter den Herren zu leiden habe und alle anderen scheinbar verschont bleiben.
Das geht jetzt schon so, seit ich hier her gebracht worden bin. Wann war das eigentlich?
Minuten verstreichen.
Die Herren tauschen sich aus, leise und dabei durch den Raum und um mich herum gehend.
"Sie hat wieder zu langsam ihre Arbeit verrichtet!"
Ich war so schnell ich konnte. Alle anderen mit mir in der Küche waren erst weit nach mir mit dem Putzen ihres Geschirrs fertig.
"Sie hat schon wieder den Herrn nicht vollends befriedigt, war ihm keine Freude!"
Noch immer ekle ich mich dem Gedanken an diesen Herrn, der schwitzend vor mir lag und mir seine Hände mit den dreckigen Fingernägeln entgegen reckte und mich mit seinem 'Komm her!' innerlich von sich trieb. Er ist ein brutaler Mensch und das war er auch zu mir. Dennoch weiß ich, es war meine Aufgabe. Aber immer ich, es trifft immer nur mich!
Warum er? Lasst mich lieber zu 1000 anderen Männern gehen, denen ich zu Diensten sein werde, denen ich Freude bereite, die mich mit ihrer Lust zerstören können.
Am Ende habe ich meine Strafe für meinen schlechten Dienst bei ihm erhalten. Er stellte mich in den Hof und peitschte mich aus. Vor den Augen der anderen. Alle haben mich leiden gesehen.
Warum bin ich also hier?
Langsam verlassen mich die Kräfte. Und als meine Füße kurz davor sind einzuschlafen, werden mir die Augen verbunden und ich werde hochgezogen und durch den Raum geführt. Jemand drückt mich dem Kopf nach unten und ich verspüre Hände unter meinem Rock. Prüfend, fordernd und dennoch zärtlich.
"Sehr schön! Und nun haltet sie mal richtig fest..."
Mit nach vorn gebeugtem Oberkörper halten mich seitlich zwei Herren an den Armen fest. Sie scheinen mich regelrecht auseinander ziehen zu wollen, als zwei Arme um meine Hüfte greifen und mir ein Knebel in den Mund gedrängt wird. Es gibt kein entkommen, entrinnen, flüchten, schreien oder flehen!
Mit ungeahnter Härte trifft mich der erste von vielen Schlägen, die ich dann nicht mehr zählen kann. Die Tränen laufen mir schon beim Zweiten. Es ist kein Stolz, keine Wut, einfach nur der Schmerz.
Beim dritten Schlag scheint mir die Haut zu zerspringen und beim vierten ersehne ich die Ohnmacht, um erlöst zu werden, von dieser unbeschreiblichen Qual.
II
Alles hat irgendwann ein Ende, denn nichts ist endlich. Das Morgen wird bald Vergangenheit sein und das Jetzt nur noch eine Erinnerung.
Die Arme lassen mich los und ich falle zu Boden. Ich weiß nichts mehr und habe keine Ahnung, was um mich herum passiert ist, mit mir und das ich noch lebe. Augenblicke meines Lebens wurden mir aus mir herausgeschlagen. Ohne es zu ahnen, haben sie mir damit einen Gefallen getan, denn ich weiß wirklich nichts mehr. Einzig der Schmerz, der sich meines Körpers bemächtig hat, ist Zeuge der letzten Momente, in denen ich von einem unbekannten Herrn gezüchtigt wurde. Seine Schläge haben mir die Sinne genommen. Und die Kleider auch.
Zusammengekauert liege ich nackt auf dem Boden. Ich mag mich nicht bewegen und gedenke zu warten, was mir befohlen wird zu tun.
"Weckt sie auf...", sagt die unbekannte Stimme zu den anderen Herren und meine Augen werden verbunden.
Doch was habe ich nur getan? Die Herren schütten mir einen Eimer eiskaltes Wasser über den Körper. Unter dem Knebel in meinem Mund verkommt mein Schrei zu einem dumpfen Laut. Ich werde hochgezogen und auf die Beine gestellt.
"Sie war nicht bei Sinnen!"
Er spricht zu mir. Der unbekannte Herr steht genau vor mir und sein Atem streift über mein Gesicht.
"Ich werde sie später wiederholen müssen diese Züchtigung. Bringt sie in ihr Gemach und zeigt ihr, was ich meine."
Ich bekomme keine Luft, mir stockt der Atem und vor lauter Verzweiflung falle ich vor dem Herrn auf die Knie.
"Ich bitte euch, werter Herr, verschont mich!"
"Bringt sie weg!", erwidert er und stößt mich zur Seite um.
Arme packen mich und bringen mich in mein Gemach. Im Verlauf des Nachmittages werde ich abwechselnd an die Wand und auf meine Liege gefesselt. Und immer wieder betritt einer der Herren das Gemach, um mir ein Dutzend Schläge zu verabreichen. Mein Rücken brennt, mein Hintern ist keiner mehr und meine Schenkel glühen vor Schmerzen. Nach 3 Stunden hänge ich nur noch in den Fesseln an der Wand meines Gemaches, nehme kaum noch etwas wahr und will einfach nur noch sterben.
Ich verfluche den Tag, als ich einwilligte, mich in die Festung des Grafen - den ich nie kennen gelernt habe - zu begeben, um alles zu lernen, was für meinen Stand notwendig sei. Ich verfluche ihn, der mir den Vorschlag unterbreitete, der nie mit mir zufrieden gewesen sein muss, um mich in diese Situation zu bringen. Dabei habe ich doch immer alles für ihn getan, mich geopfert und aufgeben für ihn. Und nur für ihn.
© by V.S. 22.05.2007